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"Fremd sein" erleben: Schloss Homburg startet ein außergewöhnliches Großprojekt
Live-Escape-Room "Fremdistan" und Max Beckmann Sonderausstellung "Apokalypse"
Oberbergischer Kreis. Ein außergewöhnliches Großprojekt auf Schloss Homburg vermittelt aus unterschiedlichen Perspektiven was es bedeutet, fremd zu sein. Besucher erleben das Thema "Fremdsein" in der gleichnamigen Sonderausstellung von Max Beckmanns "Apokalypse" und einem Live-Escape-Room in der Neuen Orangerie. Bei dem vielfältigen Angebot schlüpfen sie in die Rolle des Betrachters, des aktiven Malers (Atelier im Gartenzimmer) und stellen sich in einem Escape-Room der besonderen Herausforderung, als Flüchtende in die "Republik Fremdistan" einzureisen.
Erste Erfahrungen mit Schulklassen gesammelt
Eine Schulklasse des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg ist jetzt in diese ihnen fremde Welt eingetaucht. In einem Live-Escape Room - einer geschlossenen Anlage mit drei fensterlosen Räumen - mussten sie in Teamarbeit drei Situationen als Flüchtende meistern: sich in der Amtsstube von "Fremdistan" registrieren lassen, sich in einer U-Bahn-Station zurechtfinden und eine Zwischenunterkunft aufsuchen. Hinter den Kulissen überwachen zwei Spielleiter die Räume. Das Konzept dafür hat die Flüchtlingshilfe Bonn e.V. gemeinsam mit jungen Geflüchteten entwickelt um für die Erfahrung zu sensibilisieren, in einer fremden Kultur, Sprache und Alltagswelt zurechtkommen zu müssen.
Das Team um Kulturamtsleiter Steffen Müller hat die Räume selbst geplant und gebaut, und die Rätsel auch auf die jüngere Generation, ab der 9. Klasse, abgestimmt. "Wir haben uns im Team schon länger vorgenommen, uns mit der Königsdisziplin des Museums auseinanderzusetzen: Also, mit den 15.- 25-Jährigen", sagt Kulturamtsleiter Steffen Müller. Mit dem Projekt "FREMD SEIN" ist ein vielfältiges und attraktives Angebot entstanden, das auch beim jüngeres Publikum Lust auf einen Museumsbesuch weckt - bei einem gleichzeitig tiefgründigen und vielschichtigen Themenkomplex.
Vielschichtig "Fremdsein" erleben - in Escape-Room und Sonderausstellung Max Beckmann
Über die Auseinandersetzung mit dem Thema "Fremdsein" gelingt die Verbindung zur hochkarätigen Sonderausstellung: Max Beckmann "Die Apokalypse". Max Beckmann flüchtete 1937 ins Exil nach Amsterdam, weil er in Deutschland als Künstler diffamiert wurde. Seine künstlerischen Arbeiten zur Johannesapokalypse wurden von dort zurück nach Deutschland geschmuggelt und lithografisch reproduziert. Ein Satz dieser Drucke wurde Beckmann wiederum heimlich ins Exil geleitet, die er dort kolorierte. In den Bildern verarbeitete der berühmte Maler seine eigenen schmerzlichen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und seiner Flucht.
Die Staatsgalerie Stuttgart hat 27 handkolorierte Probedrucke für die Ausstellung im White Cube auf Schloss Homburg zur Verfügung gestellt. Kuratorin Dr. Birgit Langhanke berichtet, dass Max Beckmann den heimlichen Auftrag zum Zyklus der Offenbarung des Johannes 1941 von Georg Hartmann, dem Inhaber einer Schriftgießerei in Frankfurt, erhalten hat. Dieser hatte die psychische und finanzielle Belastung des geflüchteten Malers erkannt und ihm eine Aufgabe gegeben. Max Beckmann, habe trotz Kriegen und Verfolgung an seinem christlichen Glauben und der Hoffnung auf Erlösung festgehalten, und in den ausgestellten Werken verarbeitet. Besuchergruppen können im Gartenzimmer Kopien der Zeichnungen von Max Beckmann selbst kolorieren, und darüber ein Stück weit dessen persönliche Geschichte als Künstler und sein Schaffen nachempfinden.
Helfen, wo Hilfe gebraucht wird
Die Schulklasse HHU2 des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg und Schulleiter Rainer Gottschlich zeigten sich nach dem interaktiven Museumsbesuch gleichermaßen beeindruckt. Rainer Gottschlich erklärte, dass rund 150 seiner Schülerinnen und Schüler selbst Flüchtlingserfahrung haben. Auch vor diesem Hintergrund sei es wichtig, füreinander Verständnis zu wecken. Das Projekt "FREMD SEIN" habe dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. Dass der Museumsbesuch als "außergewöhnlich" und "sehr gut" von den Schülerinnen und Schülern empfunden wurde, berichten Andrea Favella und Raoul Misici, Klassensprecher der HHU2. Die (gestellten) Situationen im Escape-Room hätten sie als realitätsnah empfunden. Andrea Favella konnte einige (Spiel-)Situationen nachempfinden, da er Kontakt zu geflüchteten Menschen aus der Ukraine hat, die ihm von ähnlichen Erlebnissen berichtet hätten. In der Gesprächsrunde der Teilnehmenden zum Abschluss des Aktionstages wurde deutlich, wie intensiv und nachhaltig die jungen Besucherinnen und Besucher "Fremdsein" innerhalb des Museumsprojekts erlebt haben. Sie waren sich einig, dass sie jetzt (noch) achtsamer werden und auf Menschen zugehen, die Hilfe benötigen.
FREMD SEIN
25. Oktober 2022 bis 15. Januar 2023
Die Ausstellung Max Beckmann „Die Apokalypse“ kann während der Öffnungszeiten des Museums ohne Vorreservierung besucht werden. Der Escape-Room muss vorab reserviert werden. Beratung und Buchung unter Telefon 02293-9101-18 oder per E-Mail: muspaed@obk.de.